traumgehäuse, 2023

Eine Meise im Winterfedernkleid
hängt kopfüber am Kiefernzweig

Nadelgrüner Gardinenschleier
Duftet nach Schnee, Kohle und Feuer

Wippt auf und ab, fliegt auf und nieder,
Nach eisiger Dusche glänzt das Gefieder

Von schneegebeugtem Aste aus
beobachtet sie
Das Treiben im Menschenhaus

Welten gewärmt von Gehölz und Zunder
Fenster geschmückt mit Stolz und Plunder

Lassen nur einzelne Blicke erhaschen
auf Äpfel, Orangen, Nüsse und Naschen

Versammlung geschlossen am Futtertrog
Verwunderlich nur, dass keiner flog

Federlos pickend mit stumpfen Krallen
Von Nestling bis Ästling, sogar die Drallen

Tschilpen schrill mit vollem Schnabel
Klirren mit Glas, sprechen wohl Babel

Schwirren wie staubige Motten ums Licht
Kümmern sich um die Betrachterin nicht

Im sonnengewärmten Kiefernwald
bleiben dunkle Ringe weit

Bis der Schnee des Tages sonnenausgewrungen
mit der Dunkelheit den Blick bezwungen

Regenperlensammelplatz glitzert gläsern
Durch kühle Nacht

Mondbespiegelt feucht-nasse Dächer
Das Wippen wird ein Wiegen und immer schwächer

Im Kiefernbaum die müde Meise
schlüpft in sanftes Traumgehäuse.